Vor dem Derby: Interview mit Martin Przondziono
Heutiger Hannover-Scout spielte für beide Klubs
Mit einem echten Hammer startet am Samstag die Rückrunde der 3.Liga. In Osnabrück steigt das Derby zwischen dem heimischen VfL und den Gästen aus dem nahe gelegenen Münster. Liga-Drei.de sprach im Vorfeld mit einem echten Experten. Martin Przondziono (47) spielte sowohl für die Lila-Weißen als auch die Adlerträger und erzählt im Interview von Rivalitäten, Benno Möhlmann und schätzt die Aufstiegschancen des VfL ein.
Herr Przondziono, am kommenden Samstag steigt an der Bremer Brücke das Derby zwischen dem VfL Osnabrück und Preußen Münster. Wem drücken Sie dabei die Daumen?
Martin Przondziono: „Das ist eine fiese Fangfrage (lacht). Nein, ich bin da recht neutral. Ich habe für Münster zwar ein bisschen länger gespielt als für Osnabrück, aber im Endeffekt drücke ich beiden Vereinen die Daumen – auch wenn man das in den Fan-Lagern vielleicht nicht so gerne hört.“
Gab es eigentlich Ärger unter den VfL-Fans, als Sie damals direkt aus Osnabrück nach Münster wechselten?
Przondziono: „Auf jeden Fall. Der Wechsel wurde ja auch in einer Phase bekannt, in der wir gerade um die Meisterschaft spielten. Einen Tag später haben wir, glaube ich, in Hamburg gespielt, wo ein großes Banner hing, da stand so etwas wie ‚Du Geldsack!‘ drauf. Das Teil hat unser damaliger Trainer Gerd-Volker Schock direkt vom Zaun abgerissen. Aber es ist ja klar, dass die Fans sauer werden, wenn der Kapitän sagt, dass er zum größten Erzrivalen geht. Das war für einige sicher ein Schlag ins Gesicht.“
Trotz insgesamt fünfeinhalb Jahren in beiden Vereinen haben Sie nur ein einziges Derby bestritten. Können Sie sich noch daran erinnern?
Przondziono: „Ja, das war ein Heimsieg mit Münster gegen Osnabrück. Das war nach meiner Rückkehr aus Lübeck, im Mai 2003. Wir haben schnell 2:0 geführt und am Ende 2:1 gewonnen. Ich werde das Spiel auch nie vergessen, weil es so windig war – da musste Osnabrück in der 1. Halbzeit, als wir mit Rückenwind gespielt haben, ungefähr 55 Torschüsse von uns abwehren. (lacht)“
Sie haben während Ihrer Zeit in Osnabrück mit den beiden Trainern Joe Enochs und Wolfgang Schütte zusammengespielt. Besteht heute noch Kontakt?
Przondziono: „Sicher, mein Sohn spielt auch noch beim VfL in der U17. Außerdem spiele ich mit Joe und Wolle in der VfL-Traditionsmannschaft. Also, wir sind auch schon noch sehr viel im Austausch.“
Was zeichnet Enochs‘ Arbeit als Trainer aus?
Przondziono: „Er ist unheimlich akribisch und hat ganz klare Vorstellungen, wie er spielen will. Joe ist noch genauso wie er als Spieler war: Sehr authentisch und direkt. Und natürlich kennt er sich gut aus. Er saugt viel auf und hat eine ganz klare Meinung zu vielen Sachen – das finde ich sehr gut an ihm. Damit ergänzt er sich auch gut mit Wolle Schütte, die beiden ticken gleich. Das passt ganz gut.“
Der VfL hat sich bislang fast durchweg auf einem Aufstiegsplatz gehalten. Sind die „Lila-Weißen“ in dieser Saison endlich wieder reif für die Rückkehr in die 2. Bundesliga?
Przondziono: „Ich würde es mir wünschen. Man muss allerdings sagen, dass die 3. Liga unglaublich ausgeglichen ist. Jedes einzelne Spiel ist sehr eng, da kann wirklich Jeder gegen Jeden gewinnen. Aber wenn der VfL weiter so spielt wie bisher, dann hat er schon eine ziemlich große Chance auf den Aufstieg. Denn der VfL verkörpert in dieser Saison das, was man für den Aufstieg braucht – das kompakte Spiel gegen den Ball. Das ist das Wichtigste.“
Sie kennen auch Münsters Trainer Benno Möhlmann seit über 20 Jahren. Waren Sie überrascht, als er den Posten beim SCP übernommen hat?
Przondziono: „Eigentlich nicht. Er wurde ja praktisch immer genannt, wenn es darum ging, einen neuen Trainer für Preußen Münster zu finden. Und ich glaube, die Verantwortlichen haben erkannt, dass es in der jetzigen Situation wichtig war, jemanden zu holen, der die Sache nüchtern beurteilt und Klarheit hinein bringt. Dafür ist Benno genau der richtige Mann.“
Im Gegensatz zum VfL steckt Münster im Abstiegskampf. Welche Erklärung haben Sie dafür?
Przondziono: „Die Kompaktheit fehlt eindeutig. Wenn man weniger Gegentore bekommt, ist man erfolgreicher, als wenn man viele Tore schießt. In der Bundesliga ist das anders, da haben die Mannschaften mehr Erfolg, die viele Tore schießen. Aber ich glaube, dass in Münster mit Benno jetzt ein bisschen Ruhe eingekehrt ist. Jetzt gibt es frisches Blut und neue Gedanken, das wird dem Verein sicherlich helfen.“
Glauben Sie, dass Münster bis zum Saisonende zittern muss oder geht es jetzt aufwärts?
Przondziono: „Es wird auf jeden Fall aufwärts gehen. Aber es ist eben alles so eng, dass zwei Siege oder zwei Niederlagen gleich einen Sprung von sechs, sieben Plätzen in der Tabelle ausmachen. Deswegen muss die Mannschaft auf der Hut sein. Aber die Qualität ist in Münster vorhanden. Wenn das Umfeld ruhig bleibt und Benno seine Arbeit machen kann, dann wird der Verein auch in der kommenden Saison wieder in der 3. Liga spielen – da bin ich mir ganz sicher.“
Werden Sie sich das Spiel am Samstag anschauen?
Przondziono: „Leider nicht. Als Chef-Scout von Hannover 96 besteht meine Arbeit ja auch darin, sich viele Fußballspiele und Spieler anzugucken. Da passt es zeitlich diesmal eben nicht.“
Das Hinspiel gewann Osnabrück mit 1:0. Gelingt Münster jetzt die Revanche?
Przondziono: „Ich glaube an ein Unentschieden – aber nicht, weil ich mir jetzt keine Feinde machen will. (lacht) Ich denke, dass Münster im Moment den besseren Flow hat – auch dank des Testspiel-Sieges gegen Bochum. Osnabrück hat am vergangenen Wochenende gegen Bielefeld zwar nicht so gut gespielt, aber ich glaube, dass der VfL den Hebel umlegen wird und dass das Spiel 1:1 ausgeht.“
Vielen Dank für das Interview.
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