Unterhaching: Interview mit Manfred Schwabl

Darum hinkt der deutsche Nachwuchs hinterher

Autor: Christian Slotta Veröffentlicht: Freitag, 18.09.2020 | 11:00
Manfred Schwabl von der SpVgg Unterhaching

Manfred Schwabl hat klare Vorstellung in der Jugendförderung. ©Imago images/Lackovic

Manfred Schwabl ist das Gesicht von der SpVgg Unterhaching. Seit dem Jahre 2010 ist der Ex-Profi im Verein tätig, seit 2012 als Präsident. Mit Liga-Drei.de spricht er über die bevorstehende Saison, aber auch über Probleme im deutschen Nachwuchs und über den Gang an die Börse.

Herr Schwabl, im vergangenen Jahr hatte die SpVgg Unterhaching den Aufstieg bis 2022 als Ziel ausgerufen. Worum geht es nun in der Saison 2020 / 2021?
Manfred Schwabl: „Wir wollen das Ziel, ohne jetzt eine konkrete Jahreszahl zu nennen, natürlich nicht aus dem Auge verlieren. Aber durch die Corona-Problematik werden viele Vereine noch einmal in sich gehen – auch wir. Die wirtschaftliche Stabilität ist sehr wichtig, und durch Corona rückt dieses Thema noch wesentlich mehr in den Fokus.

Unser Hauptansatz wird sein, nicht zuletzt auch aufgrund der Personalkosten noch wesentlich mehr auf unseren eigenen Nachwuchs zu bauen. Vielleicht dauert es dadurch ein oder zwei Jahre länger, die Ziele zu erreichen, aber…“

Aber?
Schwabl: „Aber dafür wird dieser Weg auch nachhaltiger und wesentlich fundierter sein. Im vergangenen Jahr hatten wir mit unseren Neuzugängen sehr auf die Karte Aufstieg gesetzt. Das ging dann leider völlig in die Hose. Daher bauen wir jetzt noch mehr auf unsere Jugend.

Mit unserem Nachwuchsleistungszentrum haben wir mittlerweile die nächste Stufe der Zertifizierung erreicht und befinden uns hier auf einem sehr guten Weg. Mittelfristig wollen wir mit vielen selbst ausgebildeten Spielern natürlich schon den Aufstieg schaffen.“

Über den neuen Trainer
„ Arie war relativ früh im Fokus ”
Manfred Schwabl

Der Verein erlebte in den vergangenen drei Jahren stets eine enttäuschende Rückrunde. Haben Sie eine Erklärung dafür gefunden?
Schwabl: „Nein. Wenn wir eine Erklärung gehabt hätten, hätten wir das bereits im zweiten Jahr korrigiert. Wir haben aber jetzt darauf reagiert und auf der Trainer-Position und in der Sportlichen Leitung etwas geändert.“

Wieso haben Sie sich dabei für Arie van Lent als neuen Trainer entschieden?
Schwabl: „Der Arie war relativ früh im Fokus. Er hat in Gladbach sieben Jahre hervorragende Arbeit im Nachwuchs geleistet. Ich hatte mich bei Max Eberl (Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, Anm.d.Red) über ihn erkundigt. Uns war wichtig, dass der neue Trainer mit jungen Spielern gerne arbeitet, aber auch menschlich zu uns passt. Er ist ein sehr bodenständiger Typ.

Lediglich der regionale Bezug, den wir gerne gehabt hätten, fehlt ihm, obwohl die holländische Mentalität schon sehr gut zu uns passt. Aber wir haben ihm mit Robert Lechleiter und Roman Tyce zwei Hachinger-Urgesteine an die Seite gestellt, die den Verein in- und auswendig kennen. Von der Gesamtheit her passt das also ganz gut.“

Arie van Lent und Manfred Schwabl

Arie van Lent (r.) soll den eingeschlagenen Kurs der SpVgg optimieren. ©Imago images/foto2press

Gibt es für Sie Aufstiegsfavoriten in der 3. Liga?
Schwabl: „Dynamo Dresden ist für mich der Top-Favorit, außerdem Wehen Wiesbaden und Ingolstadt.“

Sie sprachen eben den Nachwuchs an: Joti Chatzialexiou, der Sportliche Leiter der Nationalmannschaften, mahnte beim DFB-Nachwuchs einen Qualitätsabfall an und sagte, man hätte nicht die gleiche Qualität wie andere Nationen. Wie sehen Sie das?
Schwabl: „Ich predige schon seit drei, vier Jahren, dass die jungen Spieler mehr Einsatzzeiten in den höheren Ligen benötigen. Die Einsätze sind dramatisch niedrig. Deshalb brauchen wir uns auch nicht beschweren, wenn der deutsche Nachwuchs der europäischen Spitze hinterherhängt. Daher war ich auch ein totaler Verfechter der Installierung des Nachwuchs-Fördertopfes 3. Liga.“

Wodurch die Einsatzzeiten von Spielern mit deutscher Staatsangehörigkeit im U 21-Alter in der 3. Liga finanziell belohnt werden…
Schwabl: „Genau. Die Vereine, die die jungen Nachwuchstalente ausbilden, müssen doch belohnt werden. Schließlich spielen diese Spieler später in der 1. oder 2. Bundesliga, in den U-Nationalmannschaften oder sogar in der A-Nationalmannschaft.

Das beste Beispiel ist unser Torwart Nico Mantl. Wir hatten in Lukas Königshofer einen erfahrenen 30-jährigen Torwart. Aber wir haben auf Mantl gesetzt. Nun ist er deutscher U 20-Nationaltorwart.

So etwas muss belohnt werden. Ansonsten ist die wirtschaftliche Problematik in der 3. Liga nicht abzubilden. Wenn alle nur gestandene Spieler einsetzen, um aus der 3. Liga, die finanziell eigentlich gar nicht machbar ist, herauszukommen und in die 2. Bundesliga aufzusteigen, bleibt der Nachwuchs halt komplett auf der Strecke.“

Über Einsatzzeit junger Spieler bei den Profis
„ Das ist doch hanebüchen ”
Manfred Schwabl

Was können die nächsten Schritte sein, um den deutschen Nachwuchs stärker zu machen?
Schwabl: „Wir sollten schauen, dass wir im Nachwuchs-Leistungszentrum noch mehr Trainer-Qualität entwickeln können. Vielleicht sollten wir noch mehr Ex-Profis einbauen, die ihre Erfahrungen an die jungen Spieler weitergeben können.

Zudem muss der Nachwuchs-Fördertopf erheblich erhöht werden, damit Vereine nicht unbedingt wirtschaftlich aufsteigen müssen, sondern auch in der 3. Liga finanziell gut zurechtkommen, wenn sie regelmäßig junge Spieler einsetzen. Man muss eines ganz deutlich sagen: Junge Spieler kommen nur durch Einsatzzeiten in Ligaspielen voran.

Als „Local Player“ in der 1. oder 2. Liga nur den Kader aufzufüllen und in Trainingsspielen mitzuwirken, dabei nie im Wettkampf zum Einsatz zu kommen, hilft niemandem weiter. In der 3. Liga machen die Einsatzzeiten junger deutscher Spieler etwa acht Prozent aus.

In der 1. und 2. Liga ist es noch viel weniger. Wie soll das funktionieren? Das ist doch hanebüchen. Wer kann dann erwarten, dass die jungen Spieler in den Nationalmannschaften groß aufspielen? In vielen anderen Ländern spielen wesentlich mehr selbst ausgebildete junge einheimische Talente.“

Über Mittel für Nachwuchsförderung
„ Es ist genügend Geld vorhanden ”
Manfred Schwabl

Wie groß schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass sich etwas verändert?
Schwabl: „Ich bin ja nun in der Task Force „Wirtschaftliche Stabilität“ und möchte das Thema bis 2021 / 2022 weiter nach vorne bringen. Ganz ehrlich: Wenn wir alle nur davon reden, dass der Nachwuchs wichtig ist, man aber hierfür kein Geld übrig habe, um das voranzutreiben, verstehe ich das nicht.

Es ist doch genügend Geld vorhanden. Es werden Milliarden-Umsätze gemacht. Wenn wir aber nicht bereit sind, Geld in den Nachwuchs zu stecken, ist halt die logische Konsequenz, dass wir international hinterherhinken.“

Themawechsel: Ihr Verein ging vor einem Jahr an die Börse. Ist das dadurch eingenommene Geld nun ein Segen, um die Corona-bedingte Krise gut zu überstehen?
Schwabl: „Das Wichtigste war, dass die Mitglieder diesen Weg ohne Gegenstimme mitgegangen sind, sodass wir den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern konnten.

Ich betrachte einen Fußballverein als ein mittelständiges Wirtschaftsunternehmen. Die große Frage war: Wollen wir, um wirtschaftlich voranzukommen, einen großen Investor hinzuziehen oder das ganze lieber kleinteilig machen? Wir haben uns einstimmig für Letzteres entschieden, weil ich der Meinung bin, dass in unserem Verein alle zusammenhalten müssen.

Das spiegelt sich auch in unserer Aktionärsstruktur wider. Wir haben momentan über 2000 Aktionäre. Und das sind keineswegs nur Fans aus Unterhaching, sondern Aktionäre aus ganz Deutschland. Das macht uns schon ein bisschen stolz.“

Herr Schwabl, vielen Dank für das Gespräch!

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