Türkgücü München: Interview mit Petar Sliskovic
"Wir sind ein Multi-Kulti-Verein"
Petar Sliskovic ist im Fußball ordentlich herumgekommen. In elf Jahren hat er für zehn unterschiedliche Vereine gespielt. Erst in diesem Sommer wechselte der Stürmer zum Drittliga-Aufsteiger Türkgücü München. Mit Liga-Drei.de spricht er über den gelungenen Saisonstart, die Besonderheiten des Vereins und seine wechselhafte Karriere.
Herr Sliskovic, mit neun Punkten aus sechs Spielen sind Sie gut in die Saison gestartet. Wie zuversichtlich sind Sie, mit dem Abstiegskampf nichts zu tun zu haben?
Petar Sliskovic: „Wir haben eine gute Mannschaft. Der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft, mit dem Trainerteam und innerhalb des ganzen Vereins ist super. Daher bin ich optimistisch, dass wir mit dem Abstiegskampf nichts zu tun haben werden.“
Freitagabend steht das Spiel gegen den FSV Zwickau bevor. Wie schätzen Sie den Gegner ein?
Sliskovic: „In Zwickau zu spielen, ist immer eine schwierige Angelegenheit. Die spielen einen guten Fußball und haben durch den Sieg gegen Dresden auch viel Selbstvertrauen getankt.“
Türkgücü München ist drei Mal in Folge aufgestiegen. Welche Perspektive sehen Sie in dem Verein?
Sliskovic: „Der Verein hat klar geäußert, bis 2023 in der 2. Bundesliga spielen zu wollen. Dafür tun die Verantwortlichen sehr viel. In dieser Saison geht es zunächst einmal darum, die Liga kennenzulernen. Und dann schauen wir einmal, was nächste Saison geht.“
Wie wird Türkgücü München in München wahrgenommen, wo mit dem FC Bayern München und 1860 München bereits zwei große Vereine beheimatet sind?
Sliskovic: „Man kann uns nur schwer mit 1860 München oder Bayern vergleichen. Aber wir werden medial durchaus verfolgt. Viele in der Stadt finden unser Projekt sehr interessant – nicht nur hier in der Stadt, sondern auch bundesweit.“
Türkgücü München gilt als Verein mit Migrationshintergrund und möchte vor allem die türkischen Fußballfans ansprechen. Ist das die perfekte Nische, um trotz der starken Konkurrenz Beachtung zu finden?
Sliskovic: „Natürlich freuen wir uns über türkische Fans und Zuschauer, aber auch über alle anderen Fans. Wir sind ein Multi-Kulti-Verein. Das zeigt sich an den Spielern und auch an den Fans. Sogar Freunde aus Bosnien und Kroatien fragen mich nach dem Verein. Ob es nun deutsche, türkische oder kroatische Fans sind: Wir wollen die Menschen einfach mit unserer Spielweise begeistern.“
Türkgücü München wird im Netz teilweise angefeindet. Haben Sie Angst davor, dass der Verein zu einem Hassobjekt von Rechtsradikalen werden könnte?
Sliskovic: „Die Gefahr besteht immer. Aber dann gibt es Aktionen wie zum Beispiel vom FSV Zwickau und vom 1. FC Magdeburg, die öffentlich klargestellt haben, dass Türkgücü München bei ihnen herzlich willkommen ist. Das waren unglaublich gute Zeichen. Ich hoffe, dass auch andere Vereine solche Zeichen setzen. Dass trotzdem eine gewisse Gefahr besteht, ist mir allerdings bewusst.“
Könnte RB Leipzig für Türkgücü München ein Vorbild sein? Einerseits, weil hinter beiden Vereinen ein Investor steckt. Andererseits aber auch, weil RB Leipzig früher oft angefeindet wurde und mittlerweile ein hohes Ansehen genießt…
Sliskovic: „Vielleicht ein Vorbild insofern, welche Strukturen dort aufgebaut wurden und wie erfolgreich der Verein ist. Ansonsten lässt sich das nicht vergleichen. Unser Präsident (Hasan Kivran, Anm.d.Red.) war früher selber Spieler in diesem Verein. Für ihn ist das eine Herzensangelegenheit. Er ist kein Investor, der einfach unendlich viel Geld reinbuttert und sämtliche Top-Spieler zusammenkauft.“
Themawechsel: Sie haben in elf Jahren für zehn unterschiedliche Vereine gespielt. Welche Gründe gab es für die außergewöhnlich vielen Vereinswechsel?
Sliskovic: „Unterschiedliche Gründe. Ich hatte in jungen Jahren einen langfristigen Profivertrag bei 1. FSV Mainz 05 unterschrieben, der eine Laufzeit von 5 Jahren hatte. Weil ich aber noch zu jung war, um in der Bundesliga spielen zu können, wurde ich mehrmals verliehen.
Hinzu kamen die Verletzungen. Ich wurde insgesamt acht Mal operiert, allein mein Knie ist vier Mal operiert worden. Dadurch war ich nicht immer fit. Das waren teilweise schwierige Zeiten. Umso glücklicher bin ich, dass nun bei Türkgücü München der Verein voll hinter mit steht.
Sie haben auch sportliche schwierige Stationen erlebt: Mit dem FC Aarau und den Stuttgarter Kickers sind Sie abgestiegen. Beim FC Viktoria 1889 Berlin erlebten Sie eine Insolvenz. Welche Phase war die schwierigste Ihrer Karriere?
Sliskovic: „Ich würde hier nicht unbedingt die Abstiege nennen, sondern eher die Verletzungen. Die vielen gesundheitlichen Rückschläge haben mich einiges gekostet. Ich war nicht immer fit und konnte dadurch nicht immer meine Leistungen bringen. Umso glücklicher bin ich, dass das in den vergangenen zwei, drei Jahren nicht mehr der Fall war und ich stabil meine Leistungen erbringen konnte.“
War der 1. FSV Mainz 05, für den Sie 15 Bundesligaspiele absolviert haben, Ihre schönste Station?
Sliskovic: „Mainz 05 ist für mich eine Herzensangelegenheit. Ich bin dem Verein dankbar, dass sie mich zum Profi gemacht haben. Ich wurde dort A-Jugend-Meister, habe in der Bundesliga gespielt, verstehe mich auch heute noch mit vielen aus dem Verein sehr gut. Das ist ein Stück weit meine Heimat.“
Welchen Eindruck haben Sie momentan von Ihrem Ex-Verein, der punktlos auf dem letzten Tabellenplatz der Bundesliga steht und zuletzt mit internen Streitigkeiten negative Schlagzeilen produzierte?
Sliskovic: „In Mainz sind in den letzten Wochen offenbar Dinge geschehen, die man von dem Verein nicht kennt. Das ist sehr schade. Aber ich bin guter Dinge, dass Mainz 05 wieder in die Spur kommt.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Sliskovic!
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