Sommerpause: Interview mit Horst Steffen
"Ich schaffe mir täglich meine Freiräume"
Die Sommerpause hat einige Drittligisten noch fest im Griff, während andere Vereine bereits wieder auf dem Trainingsplatz stehen. Doch was macht ein Trainer überhaupt in der Sommerpause? Wir haben uns mit Horst Steffen einen erfahrenen Experten geholt. Im Interview mit Liga-Drei.de spricht der 49-Jährige über Erholungsphasen, Trainingsmethoden aus der Bundesliga und verrät, was in den ersten Tagen nach der Sommerpause am Wichtigsten ist.
Herr Steffen, angesichts der fußballfreien Zeit: Was machen Sie gegen die Langweile?
Steffen: „Langweilig wird mir nicht. Ich habe noch einige Themen zu erledigen und nehme mir jeden Tag etwas vor, das ich im Laufe des Tages bearbeiten möchte. Da hat einiges mit Fußball zu tun, manches aber auch nicht. Außerdem ist ja WM (lacht).“
Sie betreuten den Chemnitzer FC oder Preußen Münster. Wie konnten Sie in der Sommerpause abschalten?
Steffen: „In Münster mussten wir damals einen komplett neuen Kader planen und da gibt es wenig Möglichkeiten, abzuschalten. Da ist man ständig in Gesprächen, sichtet Videos, sucht Kontakte zu Beratern. Man nutzt die Sommerpause also eher, um Transfers zu tätigen.
In Chemnitz war es so, dass der CFC die Lizenz spät bekommen hat und wir auch schnell einen Kader zusammenstellen mussten. Es galt also auch hier Spiele zu schauen, Spieler zu sichten und die Vorbereitung zu planen.“
Das klingt sehr intensiv. Wie schaffen Sie es in dieser Zeit auch mal auszuspannen?
Steffen: „Ich habe selten das Gefühl, dass ich das nötig habe. Ich schaffe mir täglich meine Freiräume, nehme mir morgens und abends 20 Minuten, um Themen zu planen. Der Job ist anspruchsvoll, keine Frage und diese kleinen Erholungsphasen sind mir wichtig. Dann habe ich eigentlich immer das Gefühl, dass ich erholt und frisch bin.“
Wie oft kam es vor, dass Ihnen bei diesen Erholungsphasen Ideen kamen, die Sie später auf dem Trainingsplatz umsetzen konnten?
Steffen: „Das kommt oft vor. Eine Phase, in der man nicht im täglichen Betrieb ist, ist hilfreich, um Ideen zu entwickeln. Fachlektüre lesen, Spiele in anderen Ligen analysieren, Trainerkollegen zu kontaktieren: Das sind schon Situationen, in denen neue Gedanken kommen.
In der letzten Saison habe ich mir oft das Training von Julian Nagelsmann sowie Spiele von Hoffenheim angeschaut. Mit dieser Idee bin ich dann auch in die Saison in Chemnitz gestartet, weil es mich überzeugt hat.“
Lassen sich diese Trainingsmethoden denn eins zu eins in der dritten Liga umsetzen?
Steffen: „Das ist unterschiedlich. Es gibt Dinge, die ich von der ersten in die dritte Liga übernehmen kann. Es gibt auch ein paar Inhalte, bei denen ich sage: Da ist in der 1. Liga eine ganz andere Qualität vorhanden und ich passe dann die Übungen und die Intensität an.“
Die dritte Liga endete am 12. Mai, einige Klubs steigen einen Monat darauf wieder ins Training ein. Wie bewerten Sie die Länge der Pause im Hinblick auf die Regeneration?
Steffen: „Eine Sommerpause von drei bis vier Wochen ist ausreichend. Viel länger muss es nicht sein. Das reicht in der Regel, um die Jungs wieder so heiß zu haben, dass sie sich auf das Training freuen und bereit sind, sich in der Vorbereitung im Training zu quälen und damit eine Basis für die Saison zu schaffen.“
Viele Vereine nehmen nun den Trainingsbetrieb wieder auf. Was ist in diesen ersten Tagen nach der Sommerpause am wichtigsten?
Steffen: „Es geht darum, die neuen Spieler schnell zu integrieren und das Training so zu dosieren, dass die Jungs zum Saisonstart oder spätestens ein, zwei Wochen danach in einer Top-Verfassung sind und diese auch halten können.
Die Mannschaft muss ihre Hierarchie finden: Wer ist eher eine Führungspersönlichkeit und wer arbeitet für die Mannschaft. Dann muss dafür gesorgt werden, dass alle die Spielidee begreifen und verinnerlichen.“
Wie finden Sie in diesen ersten Tagen heraus, wie es um die Moral, das Teamgefüge einer Mannschaft bestellt ist?
Steffen: „Das geht nicht so schnell. Man muss bei der Spielerverpflichtung schon sehr genau darauf achten, die Charaktere so zusammenzustellen, dass eine Homogenität in der Truppe herrscht.
Konkret wird es dann erst zum Ligastart, weil dann Entscheidungen getroffen werden, die für den ein oder anderen vielleicht unverständlich sind. Da rappelt es dann meist und da muss sich die Mannschaft dann zusammenfinden. Wenn ich als Trainer aber in den ersten Wochen aufmerksam bin und schon Gespräche führe, kann ich das deutlich besser abfedern.“
Manche Teams fahren ins Trainingslager und bestreiten viele Testspiele gegen unterklassige Gegner, andere hingegen bleiben zuhause und haben nur wenige, eher hochklassige Gegner. Was ziehen Sie vor?
Steffen: „Ein Trainingslager ist schon immer wünschenswert. Diese gemeinsamen Abende machen Sinn. Da reicht auch eine Woche. Ansonsten muss das von Fall zu Fall unterschieden werden. In Chemnitz war die Vorbereitungszeit zum Beispiel fünf Wochen und wir hatten viele neue Spieler.
Da habe ich weniger Spiele gemacht, weil mir das Einstudieren des Spielsystems im Training wichtiger war. Auch eine Rolle spielt aber, dass wir für unseren Fußball werben und dann auch mal gegen kleinere Mannschaften spielen sollen, um durch unser Auftreten Sympathien für den Verein zu entwickeln.“
Wann sehen wir Sie wieder auf dem Trainingsplatz?
Steffen: „Ich kann gottseidank nicht in die Zukunft schauen (lacht). Es gab zuletzt zwei Anfragen, die interessant schienen, bei denen es keinen Abschluss gab. Ich bin jedenfalls entspannt, habe wieder Lust zu arbeiten und meine Ideen auf den Platz zu bringen.“
Was müsste ein neuer Klub mitbringen?
Steffen: „Es hängt von den Gesamtbedingungen ab. Wünschenswert ist, dass es eine sportliche Führung gibt, die eine Linie fährt und die bewiesen hat, dass sie dem Trainer in schwierigen Situationen den Rücken stärken kann. Dann kann sich auf lange Sicht der Erfolg einstellen. Aber so etwas gibt es nicht überall.“
Herr Steffen, vielen Dank für das Gespräch.
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