FSV Frankfurt: Interview mit Hans-Jürgen Boysen
Der ehemalige Frankfurt-Coach über den FSV und das Trainergeschäft
Dem FSV Frankfurt droht der zweite sportliche Abstieg in Serie, nun hat Gino Lettieri das Ruder am Main übernommen und soll die Bornheimer vor dem Absturz retten. Hans-Jürgen Boysen kennt das Gefühl, sich dem Abstiegskampf erfolgreich zu entziehen.
Wir haben den 59-Jährigen zur aktuellen Situation beim FSV interviewt, zudem äußert sich der ehemalige Coach der Frankfurter über die Entwicklungen im Trainergeschäft, seine immer jünger werdenden Kollegen und eine wichtige Mentalität im Kampf um den Klassenerhalt.
Herr Boysen, von Oktober 2009 bis Dezember 2011 standen Sie als Cheftrainer beim FSV Frankfurt an der Seitenlinie. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?
Hans-Jürgen Boysen: „Positive und schöne Erinnerungen. Nach dem Rücktritt von Thomas Oral stand der FSV mit zwei Punkten am Tabellenende, somit galt es das große Ziel ‚Klassenerhalt‘ zu realisieren, was uns in der Folge auch zweimal geglückt ist. Es war eine sehr spannende und interessante Zeit.“
Aktuell befindet sich der Verein im Abstiegskampf der 3.Liga, der zweite Abstieg in Folge droht. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation am Main?
Boysen: „Ich habe alles mit großem Interesse verfolgt, gerade bei den Vereinen, für die man mal gearbeitet hat, hängt man noch mit einem Stück Herz dran. Mein Interesse reicht über die ersten vier Ligen, wo ich auch oft unterwegs bin. Es überrascht mich jedoch sehr, dass der FSV aktuell unter dem Strich steht.
Es ist aber nicht das erste Mal, dass Mannschaften durchgereicht werden, Paderborn ist ebenfalls ein Beispiel dafür. Das ist schon verrückt manchmal. Der FSV hat einen guten Kader mit vielen bekannten Spielern, offensichtlich haben sich die Spieler jedoch noch nicht als Mannschaft gefunden, bzw. realisiert, was Überlebenskampf in der 3. Liga bedeutet. Das Team bekommt es momentan knallhart zu spüren, dass die 3. Liga sehr stark ist.“
Nach Ihrem Engagement in Frankfurt, waren Sie noch in Sandhausen und Worms als Trainer angestellt. Seit drei Jahren sind Sie nun nicht mehr als Coach aktiv – ist für Sie eine Rückkehr ins Trainergeschäft vorstellbar?
Boysen: „Ja, absolut. Meine Motivation ist riesig. Im März 2016 habe ich noch ein Studium im Bereich Fußballmanagement abgeschlossen, somit kann ich mir sowohl vorstellen als Trainer sowie Sportlicher Leiter zu fungieren. Es stand zudem eine interessante Aufgabe im Raum, die sich nach zwei Jahren jedoch zerschlagen hat. Man muss jedoch nach vorne schauen, in der Erwartung, noch einen neuen Einstieg in das Geschäft zu realisieren.“
Viele Vereine setzen mittlerweile auf junge Trainer, zuletzt wurde in Aue mit Domenico Tedesco ein 31-Jähriger eingestellt. Steht ein Umdenken auf der Trainerposition bevor?
Boysen: „Ja, ganz klar. Dieser Trend ist unverkennbar. Vielleicht war Thomas Tuchel das erste Beispiel dafür, mittlerweile gibt es einige Beispiele, wo Trainer aus dem Leistungszentrum, der U23 oder U19 nachgezogen werden. Diese Trainer sind im Verein gewachsen, kennen die Struktur und die erste Mannschaft gut. Es ist zu beobachten, dass die jungen Coaches einen guten Job machen. Diese Entwicklung kommt so „alten Hasen“ wie mir natürlich nicht zu Gute, aber ich kann gut damit leben (lacht).“
Wie kann es sein, dass ein Team während einer Spielzeit unter dem gleichen Trainer so eine Berg- und Talfahrt durchlaufen kann, wie es der FSV in dieser Saison gemacht hat?
Boysen: „Es gibt mehrere Vereine, wo diese Entwicklung zu beobachten war, beispielsweise Nürnberg in der zweiten oder Dortmund in der ersten Liga. Teilweise wird eine Anlaufzeit benötigt, diese hat sich der FSV auch zu Beginn der Spielzeit genommen, auch vor dem Hintergrund, dass eine komplett neue Mannschaft geformt werden musste. Das dauert seine Zeit. Durch die gute Serie hätte man damit rechnen können, dass das Team sich oben festsetzen kann.
Die ersten vier Ränge, die über den direkten Aufstieg, Relegation und Teilnahme am DFB-Pokal entscheiden, war zu dem Zeitpunkt auch für den FSV nicht unrealistisch. Dann kam der Bruch, dieser ist aus der Ferne schwer nachvollziehbar. Die Mannschaft hat die Qualität, weiß aber vielleicht nicht, dass man im Abstiegskampf erst rennen, kämpfen und ins Gras beißen muss, bevor man schönen Fußball spielen kann. Diesen Ansatz vermisse ich in Frankfurt.“
Thomas Schaaf beklagte Anfang des Jahres den enormen Druck, der mittlerweile auf den Fußballlehrern lastet. Wie sehen Sie die Stellung der Trainer in dem Geschäft?
Boysen: „Früher war die Stellung deutlich stärker, in der Tat. Es wird viel getan, um unser Berufsbild zu schwächen. Vor allem die Art, wie teilweise mit Trainern, vor allem im Profibereich, umgesprungen wird ist sehr grenzwertig und nicht immer korrekt. Da wird oft über das Ziel hinausgeschossen. Es ist wichtig den Trainern gegenüber mit dem Respekt zu begegnen, so wie es auch von den Trainern gegenüber Medien, Zuschauern, Spielern und Präsidium erwartet wird. Das ist ein Manko, dass ich unterstreiche.“
Gino Lettieri löste Roland Vrabec zuletzt als Trainer beim FSV ab. Ist eine Trainerentlassung immer die richtige Wahl in einer sportlichen Schieflage oder nur die einfachste?
Boysen: „Zunächst mal ist es die einfachste, das stimmt. Ob es die richtige ist, kann man jedoch nur beurteilen, wenn man nah am Geschehen ist. Es muss ein Draht zwischen dem Trainer und seiner Mannschaft bestehen, der Trainer muss gehört werden. Ist dies nicht mehr der Fall, dann erkennt es auch der Trainer.
Dann ist es auch sicherlich richtig, wenn man Schlüsse zieht und eine Veränderung herbeiführt. Ich habe selber jedoch festgestellt, nicht nur beim FSV sondern auch bei anderen Vereinen, dass es manchmal an Geduld fehlt. Es wird Druck seitens der Zuschauer und Medien aufgebaut, der einen zum Handeln zwingt, bzw. veranlasst.
Es gibt jedoch auch positive Beispiele. Freiburg hat es mit Finke und Streich vorgemacht, dass man mit demselben Trainer ab- und anschließend wieder aufsteigen kann. Auch Ewald Lienen beim FC St. Pauli ist ein Beispiel, 15 von 18 Vereinen hätten Lienen wahrscheinlich im Hinblick auf den Saisonverlauf entlassen.
Andreas Rettig blieb jedoch standhaft und schenkte dem Trainer weiterhin das Vertrauen, mittlerweile sieht die Lage am Kiez auch schon besser aus. Ich traue Lienen den Klassenerhalt zu. Man muss einfach ein Gespür dafür entwickeln, ob die Chemie stimmt, ob man trotz sportlicher Krise weiterhin etwas entwickeln und erreichen kann. Fehlt dieses Gespür, dann wäre auch Ewald Lienen schon längst beurlaubt worden.“
Zum Abschluss noch eine persönliche Einschätzung ihrerseits. Schafft der FSV den Klassenerhalt?
Boysen: „Ja, ich traue es dem FSV zu. Gerade defensiv herrscht Stabilität, das kann nochmal ein Zünglein an der Waage werden. Gino Lettieri ist ein guter Trainer, der schon schwierige Aufgaben gelöst hat. Zudem hat der FSV die Qualität. Es muss jedoch ein Ruck durch die Truppe gehen und in der Offensive zugelegt werden. Doch wenn Sie mich jetzt fragen, wer ab- und aufsteigt, dann muss ich passen. Sowohl unten als auch oben geht es so eng zu, dass man in dieser ‚Zweiklassengesellschaft‘ keine Vorhersagen treffen kann.“
Vielen Dank für das Interview, Herr Boysen!
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