FCK: Interview mit Ex-Spieler Jose-Junior Matuwila

"Fußball ist in Afrika eine Religion"

Autor: Simon Thijs Veröffentlicht: Montag, 09.11.2020 | 16:19
Jose-Junior Matuwila auf dem Betzenberg.

Elf Mal lief Jose-Junior Matuwila für den FCK auf. ©imago images/Jan Huebner

46 Drittliga-Partien stehen in der Vita von Jose-Junior Matuwila. Die sammelte der Verteidiger für den FCK und Energie Cottbus. Im Sommer schlug er ein neues Kapitel auf und wechselte nach Angola, in die Heimat seiner Eltern. Welche Erfahrungen der gebürtige Bonner bei seinem dortigen Klub Petro Luanda bislang machen konnte und wie er auf seine Zeit am Betzenberg zurückblickt, darüber hat er im Interview mit Liga-Drei.de gesprochen.

Herr Matuwila, im Sommer verließen Sie den FCK und wechselten nach Angola zu Petro Luanda. Wie sind Ihre ersten Eindrücke vor Ort?
Jose-Junior Matuwila: „Ich bin jetzt drei Wochen in Angola. Meine bisherigen Eindrücke waren allesamt positiv. Ich wurde von den Mitspielern wie vom ganzen Verein und Umfeld gut aufgenommen. Das hat es leichter gemacht, denn es war schon ein großer Schritt für mich.“

Wie oft waren Sie zuvor schon in Angola?
Matuwila: „Gar nicht. Daher habe ich schon ein wenig Bedenkzeit gebraucht, denn ich stamme zwar aus dem Land, war aber noch nie dort.“

Wie ist das Standing von Petro Luanda in Angola und in Afrika insgesamt?
Matuwila: „Der Verein ist sehr professionell aufgestellt. Die Infrastruktur ist gut, es wird sich um alles gekümmert, was man als Spieler benötigt. Das hat mich positiv überrascht. Er hat als Rekordmeister sehr hohes Ansehen und ist auch auf dem Kontinent bekannt, weil er Jahr für Jahr in der Champions League spielt.“ 

über seinen ersten Einsatz für die Nationalmannschaft Angolas
„ Das war schon ein Faktor vor dem Wechsel. ”

Dementsprechend hoch sind die Ziele für die anstehende Saison?
Matuwila: „Das primäre Ziel für mich ist, so viele Spiele wie möglich zu bestreiten. Für den Klub sind die nationale Meisterschaft und der Pokal jedes Jahr die Ziele. Da diese in den letzten Jahren nicht so erreicht wurden, ist es in dieser Saison umso mehr der Fall. In der Champions League wollen wir uns gut verkaufen und so lange wie möglich im Wettbewerb bleiben.“

Sie hatten Ihren ersten Einsatz in der Nationalmannschaft Angolas. War das auch ein Grund für den Wechsel?
Matuwila: „Ich durfte mit Angola gegen Mosambik mein erstes Länderspiel bestreiten. Das hat mich sehr gefreut und war schon ein Faktor vor dem Wechsel. Es gab schon vorher Kontakt zur Nationalmannschaft. Aber mit dem Wechsel konnte ich mehr in den Fokus des Verbandes rücken.“

Wie war das Erlebnis mit der Nationalmannschaft?
Matuwila: „Wir haben uns eine Woche in Portugal auf das Spiel vorbereitet, so konnte ich mich für einen Einsatz empfehlen. Das Erlebnis ist kaum zu beschreiben. Ich habe lange davon geträumt, das Trikot der angolanischen Nationalmannschaft tragen zu dürfen. Dann auf dem Platz zu stehen und ein Spiel zu bestreiten, welches wir auch noch 3:0 gewinnen konnten, war umso schöner.

Diese Woche steht wieder ein Qualifikationsspiel für den Afrika Cup gegen Kongo an. Ich hoffe, dass ich dort wieder spiele. Es wäre natürlich toll, wenn wir uns für den Afrika Cup qualifizieren und ich dort auch auflaufe. Außerdem steht die WM-Qualifikation vor der Tür. Dort treffen wir auf Mo Salah und Pierre-Emerick Aubameyang.“

über den angolanischen Fußball
„ Das Physische steht hier im Vordergrund, das kenne ich aus Deutschland nicht so. ”

Ihr Cousin José Pierre Vunguidica, der mit Saarbrücken aufgestiegen ist, hat schon einige Länderspiele für Angola bestritten. Haben Sie ihn zum Fußball im Land befragt?
Matuwila: „Ja, ich habe immer zu ihm und seiner Nationalmannschaftskarriere aufgesehen. Er hat mir immer Antrieb gegeben, es in die Nationalelf zu schaffen. Auch mit Nando Rafael (früher u.a. Mönchengladbach & Düsseldorf, Anm. d. Red.), der einige Länderspiele für Angola bestritten hat, habe ich über den angolanischen Fußball gesprochen. So konnte ich schon einen guten Eindruck von dem gewinnen, was mich hier erwartet. Der Fußball ist schon etwas anders.“ 

Haben Sie sich schon darauf eingestellt?
Matuwila: „Neben dem Klima ist das die größte Herausforderung. Bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit zu trainieren und spielen, ist nicht einfach. Das Atmen ist mir am Anfang schwergefallen. Das Physische steht hier im Vordergrund, das kenne ich aus Deutschland nicht so. Es knallt im Training schon ordentlich. Nahezu alle Spieler sind außerdem sehr temporeich.“

Wo sehen Sie den afrikanischen Fußball generell?
Matuwila: „Ich denke, der afrikanische Kontinent ist reich an Talenten. Sie bringen sehr viel mit, was heutzutage in den Anforderungsprofilen von Profifußballern steht. Die Förderung ist leider nicht, wie man es aus Deutschland kennt. Sonst würde man noch deutlich mehr Spieler mit afrikanischen Wurzeln in den europäischen Top-Ligen sehen, als jetzt schon. Ich hoffe, das verbessert sich, denn Fußball ist in Afrika eine Religion. Er bedeutet den Leuten sehr viel. Ich habe daher mit einer Agentur ein Projekt in Planung.

über die Gründe für seine Leihe vom FCK nach Essen
„ Als die Mannschaft ins Trainingslager geflogen ist, wurde ich in die U21 geschickt. ”

Wie sieht das aus?
Matuwila: „Wir wollen im Verbund mit anderen afrikanisch-stämmigen Fußballern aus Deutschland, die unsere Vision teilen, nachhaltig junge Menschen aus Afrika in ihren Talenten fördern und den Austausch zwischen Deutschland und dem Kontinent stärken, sowie ein differenziertes Afrika-Bild schaffen. Mehr Infos zu dem Projekt gibt es dann im nächsten Jahr.“ 

Zu Ihrem Ex-Verein: Warum gab es für Sie beim FCK keine Perspektive mehr?
Matuwila: „Da muss ich etwas weiter ausholen. In der letzten Saison sind wir im Kollektiv in eine sehr schwache Phase geraten. Auch mir ist es nicht leichtgefallen, die Leistungen der ersten Spiele abzurufen. Gegen 1860 München ist mir dann ein Eigentor unterlaufen. Das konnte ich nicht gut wegstecken. Ich habe im Anschluss sehr harte, auch beleidigende Nachrichten bekommen. Das hat es nicht einfacher gemacht. Eine Woche später wurde ich gegen Jena ausgewechselt und war danach nicht mehr in der Startelf.“ 

Im Winter folgte dann eine Leihe nach Essen.
Matuwila: „Ich habe im Training alles versucht, konnte den Trainer aber nicht überzeugen. Mir wurde dann eine Leihe nahegelegt, da der Trainer für mich in der Rückrunde nur noch in der U21 Spielzeit vorgesehen hatte. Als die Mannschaft ins Trainingslager geflogen ist, wurde ich in die U21 geschickt. Für mich als sehr ehrgeiziger Spieler konnte das nicht der Anspruch sein. So habe ich mich zur Leihe nach Essen entschieden. Sportlich hat es sich durch den Liga-Abbruch nicht gelohnt, aber ich hatte sehr schöne Wochen in Essen mit einer super Truppe.“

Jose Junior Matuwila

Voller Einsatz für RWE: Matwuila (l.) an der altehrwürdige Hafenstraße. ©Imago images/Beautiful Sports

Dennoch sind sie nach Kaiserslautern zurückgekehrt.
Matuwila: „Ich hatte das von Anfang so kommuniziert in Essen. Ich habe schließlich mein ganzes Leben dafür gearbeitet, für einen Verein wie Kaiserslautern spielen zu dürfen, das konnte ich nicht einfach aufgeben. In der Vorbereitung sollte ich auch eine neue Chance bekommen, mich zu beweisen. Wenn ich gewusst hätte, wie es laufen würde, weiß ich nicht, ob ich mich nicht schon im Vorfeld anders entschieden hätte.“

über Gerüchte, er wäre beim FCK betrunken zum Training erschienen.
„ Eine Sache, die ich nicht mal im Traum mit mir vereinbaren könnte. ”

Warum?
Matuwila: „Mir wurde kurzfristig vom U21-Trainerteam mitgeteilt, dass der Weg für mich wieder in die Zweite Mannschaft führt. Da war mir klar, dass es für mich keine Zukunft im Verein gibt.“ 

In Kaiserslautern ist der Saisonstart misslungen, der Trainer wurde bereits gewechselt. Wäre nach der Trennung von Boris Schommers vielleicht für Sie eine neue Chance drin gewesen?
Matuwila: „Das kann ich mir schon vorstellen. Fakt war aber, dass es für mich unter dem alten Trainer keine zweite Chance mehr gab. Ich wusste zwar, dass ein Trainerwechsel schnell passieren kann und ich mich dann womöglich frage ‚was wäre gewesen, wenn?‘. Aber ich habe den Schritt aus Überzeugung gemacht. Denn hier warten viele sportliche Highlights auf mich.

Ich fand es im Nachgang nur traurig zu hören, dass es Stimmen gab die behaupten, ich wäre betrunken zum Training erschienen und hätte deshalb nicht mehr gespielt, eine Sache, die ich nicht mal im Traum mit mir vereinbaren könnte.

Ich habe eine sehr professionelle Einstellung zum Sport, die jeder Spieler oder Trainer bestätigen kann, die mit mir zusammengearbeitet haben. Deshalb fand ich das sehr traurig, als ich es nach meinem Abgang mitbekommen habe.“

über den Saisonstart der Roten Teufel
„ Ich hoffe aber, dass es dem FCK gelingt, bald wieder mehr Punkte einzufahren. ”

Schon im letzten Jahr gab es viele Neuzugänge. Warum gelingt es dem FCK nicht, die Qualität in Punkte umzumünzen?
Matuwila: „Die Qualität ist zweifellos vorhanden. Es ist zwar nicht selbstverständlich, dass alles ineinandergreift, wenn so viele neue Spieler zusammenkommen. Aber warum es auch jetzt wieder nicht gelingt, die Qualität auf den Platz zu bringen, kann ich auch nicht beantworten.“ 

Wo erwarten Sie den FCK am Saisonende?
Matuwila: „Es ist schwer in dieser Liga eine Prognose zu treffen. Woche für Woche ist eine Überraschung dabei. Die aktuelle Tabelle hätte so wohl auch niemand erwartet. Ich hoffe aber, dass es dem FCK gelingt, bald wieder mehr Punkte einzufahren.“

Wie sehen Ihre künftigen Pläne aus: Werden wir Sie noch einmal in Deutschland sehen?
Matuwila: „Ich habe jetzt erst einmal ein Jahr Vertrag in Angola. In dem will ich so viel wie möglich erreichen. Ich schließe jedoch nicht aus, wieder in Deutschland zu spielen. Mein ganzes Leben ist schließlich dort.“

Herr Matuwila, vielen Dank für das Gespräch.

Um die Wettquoten berechnen zu können, müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehören unter anderem die Leistungen der Mannschaften in der Vergangenheit, die aktuellen Formkurven, Verletzungen von Spielern sowie die Stärke des Gegners. Auf Basis dieser Informationen können dann die Wahrscheinlichkeiten für einen Sieg, ein Unentschieden oder eine Niederlage berechnet werden. Die Wettquoten werden dann entsprechend festgelegt, um den Buchmachern einen Gewinn zu garantieren.