FC Bayern U23: Interview mit Timo Kern
"Es ist echt eine Ehre, in diesem Verein zu spielen."
In der Vorsaison drückte Timo Kern noch der Regionalliga Südwest seinen Stempel auf und schoss Waldhof Mannheim mit 17 Treffern und zehn Vorlagen zum Aufstieg in die 3. Liga. Diesen machte der 29-Jährige allerdings nicht mit. Nachdem sich ein Wechsel zu Jahn Regensburg zerschlug, schloss sich der Mittelfeldspieler der FC Bayern U23 an.
Im Interview mit Liga-Drei.de spricht Kern über die sportliche Situation an der Isar, seinen geplatzten Wechsel im Sommer und den Alltag als Ü23-Spieler in einem U23-Kader.
Herr Kern, auf Grund von Knieproblemen haben Sie die letzten vier Spiele der Bayern U23 verpasst. Wie geht es Ihnen aktuell?
Timo Kern: „Mir geht es deutlich besser, ich habe die letzten zweieinhalb Wochen hier in der Reha am Campus verbracht. Da habe ich aufbauendes Training gemacht und mich immer gesteigert. Aktuell sieht es so aus, dass ich am Freitag wieder ins Mannschaftstraining einsteigen werde. Dann wird sich herausstellen, wie schnell es wieder in Richtung Spielbelastung geht. Ich hoffe natürlich, so schnell wie möglich, aber abschätzen kann ich es noch nicht zu diesem Zeitpunkt.“
Nach acht Spieltagen liegt die Mannschaft auf Platz 17. Wie fällt Ihr Fazit zum Saisonstart aus?
Kern: „Durchwachsen, würde ich sagen. Wir haben gute Spiele gemacht und auch fußballerisch mithalten können. Leider fehlt der Ertrag aktuell. Es ist schade, dass besonders in den Spielen gegen Chemnitz und Großaspach, die auch unten mitspielen, Punkte gelassen wurden.
Es wird aber besser werden, zweite Mannschaften brauchen immer ein bisschen Zeit, das habe ich in den letzten Jahren schon bei anderen Teams beobachtet. Ich hoffe, dass wir in den kommenden Wochen, spätestens in der Rückrunde, so richtig in Schwung kommen, dann sind wir auch einen Tick eingespielter.
Woher soll das hier auch kommen: Pro Saison werden acht, neun, zehn junge Spieler hochgezogen. Bei den Bayern ist es schon krass, wie jung die Spieler sind. Da muss sich eine Mannschaft erstmal formen. Die 3. Liga ist eine Wahrheitsliga, wo man die Leviten gelesen bekommt, wenn man einfache Fehler macht. Da haben wir schon Lehrgeld bezahlt, aber ich bin, auch unter dem Eindruck der letzten Spiele, guter Dinge, dass sich hier etwas entwickeln kann.“
Stichwort Großaspach: Die Mannschaft gab dort einen 2:0-Vorsprung noch aus der Hand. Lag das an fehlender Erfahrung?
Kern: „So einfach kann man es sich nicht machen. Es ist bestimmt auch ein Faktor, aber jedes Spiel hat seine eigene Dynamik. In der zweiten Halbzeit war Großaspach schon vorherrschend, da hat sich mehr oder weniger abgezeichnet, dass wir da zumindest ein Gegentor kriegen, das passiert auch erfahreneren Mannschaften.
Wenn das Spiel mal aus der Hand gegeben wird, dann können Einzelaktionen entscheidend sein. Es gibt im Fußball eben Zeiten, wo man 15 Minuten am Drücker ist, dann ist es der Gegner über 10, 15 Minuten.“
Durch ihren Status als U23 ist es normal, dass die Mannschaft über weniger Erfahrung verfügt als die restlichen Drittligisten. Wie wollen sie das ausgleichen?
Kern: „Ich finde Erfahrung nicht so bedeutend, wie man immer sagt. Man muss sich halt so schnell wie möglich an das neue Niveau anpassen, das körperliche und das Qualitäts-Niveau. Und man muss sich schnell als eingespielte Mannschaft entwickeln. Das ist meiner Meinung nach wichtiger als Erfahrung.“
Als Ü23-Spieler kommt in München auch die Aufgabe auf sie zu, die jungen Spielern zu führen. Wie dürfen wir uns das im Alltag vorstellen?
Kern: „Ja, deswegen wurde ich geholt (lacht). Das ist natürlich eine spannende Aufgabe, weil teilweise 18-Jährige, die noch A-Jugend spielen könnten, bereits Teil unserer Drittliga-Mannschaft sind. Wie man sich das vorstellen kann? Wir spielen Fußball, sprechen die gleiche Sprache und es gibt Situationen, in denen ich gerne Hilfestellungen gebe.
Ich persönlich bin nicht jemand, der alles kommentiert oder sich vor die Mannschaft stellt und irgendwelche Ansprachen macht. Ich bin im Einzelgespräch da und will durch meine eigene Leistung mitreißen.“
Nur drei Ü23-Akteure dürfen gleichzeitig auf dem Feld stehen. Bisher haben Verletzungen verhindert, dass Ihr Trainer Sebastian Hoeneß einen der „Älteren“ auf die Bank setzen muss. Was passiert, wenn alle fit sind?
Kern: „Das wird sich abzeichnen, da bin ich auch mal gespannt (lacht). Mir war vor meinem Wechsel die Situation ja klar. Wäre ich nicht von mir überzeugt gewesen, dann wäre ich den Schritt auch nicht gegangen. Im Fußball kann viel passieren, schauen wir mal, wie es sich entwickelt. Ich hoffe natürlich, dass die Situation möglichst schnell eintritt, aktuell bin ich der Einzige von uns Älteren, der verletzt ist.“
Im Sommer war Jahn Regensburg an Ihnen interessiert. Da sich Ihr damaliger Klub Waldhof Mannheim aber nicht mit dem Zweitligisten einigen konnte, klappte es nicht mit einem Wechsel. Haben Sie diese Enttäuschung lange mit sich herumgetragen?
Kern: „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es eine einfache Zeit war. So eine Chance in diesem Alter wäre schon was Großes für mich gewesen. Ich habe es dann aber relativ schnell abhaken können, als das Interesse des FC Bayern da war. Es ist echt eine Ehre, in diesem Verein zu spielen und mir war von Anfang an klar, dass ich das machen muss.“
Mit welchem Gefühl blicken Sie auf ihre Zeit in Mannheim zurück?
Kern: „Eigentlich rundum positiv. Es war die beste Saison, die ich jemals gespielt habe. Ich hatte mich davor für ein Studium entschlossen, bin bewusst den Weg runter zu Astoria Walldorf gegangen, habe parallel noch gearbeitet und dann habe ich mir gesagt: ‚Komm, ich versuch‘s nochmal‘.
In meinem Jahr beim Waldhof konnte ich mich voll auf den Fußball konzentrieren und das ist aufgegangen. Da war einfach eine krasse Euphorie zu spüren. Es hat Spaß gemacht, vor diesen Fans zu spielen und die Mannschaft war etwas Besonderes.“
Der Waldhof kassierte am Wochenende seine erste Niederlage. Waren Sie überrascht vom guten Saisonstart?
Kern: „Ich wusste, was in der Mannschaft steckt. Vor allem ist es beim Waldhof so, dass jeder weiß, worum es geht und jeder die 3. Liga wertschätzen kann. Auch durch die Euphorie bei den Fans wusste ich, dass etwas Großes entstehen kann. Dass sie Fußball spielen können, steht auch außer Frage.
Dass diese Serie ohne Niederlage auch nach dem Aufstieg erstmal weitergeht, hat glaube ich aber keiner gedacht. Den Anpassungsprozess an die Liga haben sie klasse gemacht, ich habe ja alle Spiele verfolgt und höre von den Jungs in der Mannschaft rundum positives.“
Lassen Sie uns in die Zukunft schauen: Am Sonntag geht es für die Bayern U23 im Heimspiel gegen Ingolstadt. Worauf wird es gegen die Schanzer ankommen?
Kern: „Ingolstadt hat ganz andere Ziele als wir, die Mannschaft will aufsteigen. Es geht immer darum, diese Mannschaften zu ärgern. Das können wir mit unseren fußballerischen Fähigkeiten und in spielentscheidenden Situationen müssen wir abgezockt sein. Wie in jedem Drittliga-Spiele müssen wir körperlich robust zur Sache gehen, uns voll reinhauen und dann bin ich guter Dinge, dass wir jeden Gegner schlagen können.“
Die bisherigen beiden Saisonsiege feierte die Bayern U23 gegen Uerdingen und Halle – also Gegner, die ähnliche Ambitionen haben wie Ingolstadt. Warum fallen Ihnen diese Gegner leichter?
Kern: „Da gehört auch immer ein bisschen Glück dazu, gegen Uerdingen haben wir zum Beispiel lange in Überzahl gespielt. Ich fand aber auch Halle deutlich stärker als Uerdingen. Grundsätzlich muss man die Spiele einzeln betrachten: Gegen Halle hatten wir gefühlt zwei oder drei Torchancen und daraus haben wir zwei Tore gemacht. Hinten hatten wir auch ein bisschen Glück, da unser Torwart super gehalten hat. Es sind kleine Nuancen in dieser Liga, die Spiele entscheiden.“
Herr Kern, vielen Dank für das Gespräch!
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