Chemnitzer FC: Interview mit Niklas Hoheneder
"Wir haben Selbstvertrauen getankt."
Früher wurde er österreichischer und tschechischer Meister, feierte zudem zwei Aufstiege mit RB Leipzig. Heute ist Niklas Hoheneder der Kapitän des Chemnitzer FC und steckt im Abstiegskampf der 3. Liga. Mit Liga-Drei.de spricht der 33-Jährige über das Auswärtsspiel am Samstag in Magdeburg, über die Sperre von Torjäger Philipp Hosiner und über seine Zeit bei RB Leipzig.
Herr Hoheneder, Ihre Mannschaft hat nun erstmals in dieser Saison zwei Siege in Folge errungen. Wie zuversichtlich stimmt Sie dies für den Abstiegskampf?
Niklas Hoheneder: „Das ist natürlich sehr positiv. In Meppen haben wir zwar unterirdisch gespielt, aber trotzdem gewonnen. Das war wichtig für die Moral. Und in Halle hatten wir danach einen Gegner, der ebenfalls nicht vor Selbstvertrauen strotzt. Das kam uns sicherlich entgegen. In Magdeburg wartet am Samstag nun eine weitere Mannschaft, die ebenfalls unter den eigenen Erwartungen spielt.“
Also der richtige Gegner zur richtigen Zeit?
Hoheneder: „Magdeburg ist trotzdem ein Riesenkaliber. Aber wir haben durch die beiden Siege Selbstvertrauen getankt.“
Ihr Top-Torjäger Philipp Hosiner wird gelbgesperrt fehlen. Wie schwer wiegt dieser Ausfall?
Hoheneder: „Das ist natürlich sehr schade, weil er sehr wichtig für unser Spiel ist. Er steht in der Box meistens richtig und macht die Tore. Aber wir werden ihn irgendwie ersetzen. Dejan Bozic ist ebenfalls ein guter Stürmer und stand nun zwei Mal in der Startelf. Er ist ein anderer Spielertyp als Hosiner, aber trotzdem nicht schlechter. Auch er weiß, wo das Tor steht.“
Chemnitz kämpft nicht nur sportlich, sondern zuletzt auch wirtschaftlich um das Überleben. Wie groß ist Ihre Erleichterung, dass der Verein die Lizenzierungsauflagen nun fristgerecht erfüllt hat?
Hoheneder: „Aufgrund der vergangenen Saison haben wir gelernt, dass wir uns nicht zu sehr mit solchen Themen beschäftigen sollten. Wir sind zwar durch die Regionalliga marschiert. Aufgrund der ganzen Themen drum herum war das allerdings nicht einfach für die Köpfe. Ich weiß aber, dass wir gute Leute im Verein haben, die viel Zeit und Geld investieren, damit der Chemnitzer FC bestehen bleibt. Dieses Wissen hilft, um sich nicht allzu viele Sorgen zu machen.“
Hatten Sie vor der Saison erwartet, wie schwer die Saison in der 3. Liga sein würde?
Hoheneder: „Wir sind mit einer Mannschaft in die Saison gegangen, in der die meisten Spieler noch nie in der 3. Liga gespielt haben. Der Großteil der Mannschaft hat daher ein wenig Zeit gebraucht. Daher haben wir anfangs viele Punkte liegen gelassen. Mittlerweile aber hat sich jeder einzelne Spieler weiterentwickelt und somit auch die Berechtigung, in dieser Liga zu spielen.“
Themawechsel: Sie wurden österreichischer und tschechischer Meister, haben in der Europa League gespielt, in der Champions-League-Quali und in der 2. Bundesliga. Welche Zeit war rückblickend die schönste Zeit in Ihrer Karriere?
Hoheneder: „Das ist schwer zu sagen. Sparta Prag war sehr lehrreich für mich. Ich bin dort mit 22 Jahren hingegangen, kannte dort niemanden und konnte auch die Sprache nicht, habe mich aber voll dem Fußball gewidmet und mich durchgebissen. Ich war gleich in meinem ersten Jahr Stammspieler und wurde mit dem Verein Meister. Daran denke ich gerne zurück.
Aber auch die Zeit bei RB Leipzig war toll. Ich habe mich dort nicht nur in die Stadt verliebt, sondern auch meine Frau kennengelernt. Dann waren wir auch noch sportlich erfolgreich und sind zwei Mal aufgestiegen. Auch in Holstein Kiel war es toll. Wir sind erst in die 2. Bundesliga aufgestiegen und wären fast bis in die Bundesliga durchmarschiert.“
Mit welchen Gefühlen blicken Sie heute zu RB Leipzig? Überwiegt der stolz, ein Teil dieser Vereinsgeschichte zu sein, oder eher die Wehmut, den Siegeszug in die Bundesliga nicht miterlebt zu haben?
Hoheneder: „Ganz klar der Stolz. Wenn ich heute die Stars wie Timo Werner oder Dayot Upamecano sehe, dann kann ich sagen: Ich stand damals in den Aufstiegsspielen in Lotte auf dem Platz. Niemand weiß, wie es mit dem Verein weitergegangen wäre, wenn wir damals nicht gegen Lotte gewonnen hätten und aufgestiegen wären.“
Umso größer könnte der Wehmut sein, heute nicht mehr zu der Mannschaft zu gehören und in der Bundesliga und Champions League zu spielen…
Hoheneder: „Nein. Ich musste erkennen, dass es irgendwann nicht mehr gereicht hat. Ich war 28 Jahre alt, als immer jüngere, schnellere und bessere Spieler kamen. Ich musste realistisch erkennen, dass der Verein viel vor hat und ich nicht mehr in das Anforderungsprofil passe.
Das ist schwer zu akzeptieren, weil man als Fußballspieler seinen Stolz hat. Aber heute bin ich damit im reinen. Ich weiß: Die Leistung, die dann andere Spieler erbracht haben oder die die Spieler heute erbringen, hätte ich nicht mehr erbringen können.“
Sie zogen sich bei RB Leipzig eine Stauchung der Halswirbelsäule zu und mussten länger pausieren. Danach wurde Ihr Vertrag nicht verlängert. Waren Sie darüber nicht enttäuscht?
Hoheneder: „Nein, ich hatte danach noch länger Probleme, musste meine Bewegungen und mein Laufmuster umstellen. Das hat seine Zeit gedauert. Und diese Zeit hatte man bei RB Leipzig nicht. Ich hege keinen Groll, denn ich bin zufrieden damit, wie es danach bei mir weiterlief.“
Sie sind nun 33 Jahre alt. Wenn Ihr Vertrag im Sommer 2021 endet, werden sie fast 35 Jahre alt sein. Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der Karriere?
Hoheneder: „Das ist noch völlig offen. Ich bin vielseitig interessiert und lasse das auf mich zukommen. Ich hänge wohl noch zu sehr am aktiven Profifußball und mache mir daher nicht so viele Gedanken über die weitere Zukunft. Auch wenn meine Frau das nicht gerne hört (lacht).“
Herr Hoheneder, vielen Dank für das Gespräch!
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