Chapeau, Bentley Baxter Bahn
Die besondere Leistung des 6. und 7. Spieltags
Die Glückseligkeit schien kein Ende zu finden, denn nun ist Hansa Rostock in dieser dem Fußball Englands entliehenen Arbeitswoche mit zwei Siegen unübersehbar an die Tabellenspitze der 3. Liga gestürmt. Auf das 2:1 beim SV Waldhof Mannheim folgte nun daheim das spektakuläre Wiedersehen mit Pavel Dotchev und dabei das 5:1 gegen dessen Team von Viktoria Köln. Es ist das fünfte Spiel in Folge, das Hansa unbesiegt bleibt.
Zunächst haben die Kogge-Kicker ihr offensives Fußballspiel in einen wahrhaftigen Rausch manifestieren können. Damit haben sie dem Gegner, der bis hierher mit vier Siegen hintereinander vollgepumpt schien mit Selbstvertrauen, erst die Lust, dann die Kraft und schließlich die Moral geplündert.
Und dann haben sie jeden einzelnen ihrer fünf erzielten Treffer mit Freudensprüngen zelebriert, die so beflügelt wirkten, als seien sie von einem Trampolin ausgelöst worden. Mit ganzen Arien vergnüglicher Umarmungen und mit Handküssen ins Publikum haben die Spieler des Tabellenersten am Ende sogar ihren Trainer Jens Härtel mitgerissen, den seine Spieler wohl nie zuvor mit einem so strahlenden Gesichtsausdruck erleben konnten.
Die „8“ ist Programm
Ja, diese freudetrunkenen Kapriolen stehen wie ein Spiegelbild für das in mancherlei Hinsicht überraschend bunte Treiben, das Hansa Rostock aktuell mit erstaunlichen fußballerischen Mitteln auf das Spielfeld zu transportieren imstande ist.
Mittendrin – nicht vorneweg, wie er es sich wohl widerspruchslos hätte anmaßen können – erkennen wir Bentley Baxter Bahn. Er trägt in dieser Spielzeit das Hansa-Trikot mit Rücken-Nr. 8. Meist ist es blau, wie die traditionellen Farben dieses Klubs. Doch diese „8“ ist mehr als eine beliebige Trikot-Nummer. In der aktuellen Begeisterung ist sie eine Positionsbeschreibung für ein Fußballspiel, wie sie treffender kaum sein kann.
Denn diese „8“ ist Programm für einen Spieler wie Bentley Baxter Bahn, der sich als Freigeist im Verbund eines Team besonders wohlfühlt und der mit einer Pferdelunge ausgestattet so viele Kilometer zu laufen bereit ist, wie wohl kein anderer Fußballer weit und breit. Und der es besonders mag, wenn er sich – hinten wie vorne und rechts wie links – austoben kann wie in einer solchen Woche, in der er sein neues Team in Führung schießen und so den Weg zum angestrebten Ziel ebnen konnte.
Liga-Drei.de spricht mit Torsten Ziegner über dessen Erfahrungen mit Bentley Baxter Bahn. Das Laufwunder, den sie alle „Bax“ rufen, und der Fußball-Lehrer haben in drei Spielzeiten oder genauer in 88 Matches versucht, gemeinsam Erfolg zu haben. Dem FSV Zwickau haben sie im Verbund die 3. Liga erhalten und beim Halleschen FC konnten sie 2019 die Saison mit 66 Punkten gar als Tabellenvierter beenden.
„Der Bax“, sagt Torsten Ziegner und legt die Messlatte seiner Expertise sogleich aufs höchstmögliche Niveau, „der Bax ist der wertvollste Spieler der 3. Liga.“ Ziegner sagt nicht: Der Begabteste, Stärkste oder Beste. Er sagt: „Der Wertvollste“. Und meint dies auch punktgenau so und wir merken ihm an, wie gern er diese spektakuläre Bewertung mit Leben füllen mag.
So analysiert Torsten Ziegner seine These wie folgt: „Was den Bax so besonders wertvoll macht, stützt sich aus meiner Sicht auf folgende Parameter: Erstens auf seine Sozialkompetenz. Zwar geht er auf dem Spielfeld aus eigenem Antrieb immer voran, doch im Innenleben stellt er sich niemals in den Mittelpunkt. Hier wird er niemals etwas für sich persönlich einfordern, was dem Bündnis des Teams nicht guttun würde.“
Was Ziegner damit meint, ist zum Beispiel diese Sache mit der Lieblingsposition, der „8“ also: „Auch bei mir in Zwickau musste er am rechten Flügel spielen. Er tat es ohne zu murren. Ja, auch er möchte persönlich immer auffällig gut sein, doch dies wird bei ihm niemals zu Lasten des Teams ablaufen. Egal, wo das Team ihn gerade braucht: Er gibt immer 100 Prozent„, erinnert sich Ziegner.
Und so kommt er sogleich zur nächsten Auszeichnung: „Der Bax ist universalbegabt und deshalb findet er sich in vielen Positionen sofort zurecht.“ In Leistungsstärken ausgedrückt, glänzt Bahn mit Tempo und Ausdauer gleichermaßen, mit technischem Rüstzeug ebenso wie mit Kampf- und Einsatzbereitschaft, mit Geschick im Verteidigungsspiel auf der einen wie mit Tempodribblings und entschlossenen Fernschüssen auf der andere Seite. Letztere Potenziale sind sichtbar an 62 Scorer-Punkten in 171 Auftritten in der 3. Liga.
Den Wert von Bentley Baxter Bahn aus eigenem Erleben beschreiben zu können, ist für Ziegner auch deshalb ein Vergnügen, weil sein Anteil daran wohl nicht ganz unerheblich ist. Als er ihn 2017 nach Zwickau holte, bewegte sich Bahns Karriere keineswegs in jener Erfolgsspur, die sich ein Kicker eigentlich ausmalt, wenn er zuerst beim großen Hamburger SV und dann beim FC St. Pauli mit Tuchfühlung zum großen Fußball ausgebildet worden.
Denn als Ziegner Bahn nach Zwickau holte, war der soeben zum zweiten Male hintereinander aus der 3. Liga abgestiegen: 2016 mit den Stuttgarter Kickers, 2017 mit dem FSV Frankfurt, dem zuvor bereits wirtschaftlich die Puste ausgegangen war. So geriet der Start in Zwickau und bei Ziegner ein Stückweit zunächst einmal zu einer Art Mental-Reha.
Später in Halle war Bentley Baxter Bahn längst wieder im Vollbesitz seines Selbstwertgefühls und somit ein Kandidat für die Aufgaben des Teamkapitäns. Doch Ziegner stoppte die Idee mit folgender Begründung: „Bax braucht kein Amt, um von Teamkollegen als Leader anerkannt zu werden und um positiven Einfluss zu nehmen auf das Betriebsklima“, sagt Ziegner und berichtet weiter: „Bax will sich alles selbst erarbeiten. Er ist als erster da und er geht als Letzter. Ja, ich mag seine Akribie, seine Neugier und seine Verlässlichkeit.“
So streicht sich Bentley Baxter Bahn mitunter selbst einmal den freien Tag. Statt die Beine hochzulegen, aufzutanken, zu regenerieren, zieht er seine Laufschuhe an und rennt eine Stunde. Oder er ackert im Kraftraum an Gewichten und Zirkeleinheiten.
Bei so viel Professionalität bleibt eine Frage offen: Warum hat die 2. Bundesliga diesen Spieler noch nicht für sich entdeckt? Wer mit nunmehr 28 Jahren auf keinerlei stabile Erfahrungen mit der 2. Bundesliga zurückgreifen kann, dem bleiben wohl nur zwei Möglichkeiten offen, die Ziegner so beschreibt: „Entweder steigt er in neun Monaten mit Hansa auf oder er wechselt zu einem Aufsteiger, der seine vielen Fähigkeiten als Gegner erlebt hat, diese uneingeschränkt schätzt und sie eine Spielklasse höher ebenfalls für geeignet, nützlich und tauglich hält.“
Nun denn, wer so gut drauf ist wie Bentley Baxter Bahn in diesen Tagen wird es sich gefallen lassen, mit den eigenen Träumen konfrontiert zu werden. Und er muss es auch aushalten können, sich an den eigenen Potenzialen messen zu lassen. Und so stellt Torsten Ziegner klar: „Ich traue ihm die 2. Bundesliga zu 100 Prozent zu.“
Der schnellste Bundesliga Spieler ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Teams. Mit seiner Geschwindigkeit kann er den Unterschied in einem Spiel ausmachen und Tore erzielen oder verhindern. Es gibt viele Spieler, die für diesen Titel in Frage kommen, aber nur wenige können sich tatsächlich als der schnellste Spieler Bundesliga bezeichnen. In der Saison 2020/2021 wird es interessant zu sehen sein, wer sich diesen Titel sichern wird.