Chapeau, Bentley Baxter Bahn
Die besondere Leistung des 4. Spieltags
Ranisav Jovanovic war 16 Jahre lang Fußballprofi. Ein linksbeiniges Schlitzohr. Verdammt viel erlebt. Jürgen Klopp hat ihn in Mainz stürmen lassen. Mit goldenen Toren hat er erst Dynamo Dresden in die 2. und dann Fortuna Düsseldorf in die 1. Bundesliga gesteuert.
Und beim FSV Frankfurt hat er diesen Bentley Baxter Bahn getroffen und seither hat er eines nie vergessen. „Der Bax“, erzählt Jovanovic, „der Bax ist unglaublich! Das ist der einzige Spieler in meiner ganzen Laufbahn, der sich zwei, drei Stunden vor dem Spiel auf einen Dauerlauf begeben hat. Eine Dreiviertelstunde war er dann unterwegs. Hat Vollgas gegeben. Völlig allein. Nur für sich. Immer und immer wieder.“
So ist „der Bax“, wie sie ihn seit einem Jahr auch beim Halleschen FC rufen, der wohl leidenschaftlichste Läufer der 3. Liga. Ganz nach dem Geschmack von Torsten Ziegner. Dessen laufintensives Antriebsspiel mit pausenlosen Positionswechseln braucht solche Typen. Und „der Bax“ steht nie irgendwo rum, mit raumgreifenden Geschwindschritten immer unterwegs und dabei oftmals torgefährlich.
Lauf- und Schussstark
Wie beim jüngsten 3:1-Powersieg gegen Chemnitz. Dies ist eines dieser brisanten Duelle des Fußball-Ostens und endete mit dem dritten Hallenser Dreier in einer Woche: Über links hatte sich Bentley Baxter Bahn freigelaufen, den Ball bekommen und geistesgegenwärtig in der Mitte punktgenau den freistehenden Kollegen Nietfeld angespielt. Mit diesem Vorsprung nach nur sechs Spielminuten hatte Ziegners Ensemble den Gegner bereits im Würgegriff.
Und als das Spiel des HFC später auch mal ein wenig ruckelte und bei den Chemnitzern ein wenig Hoffnung aufzukommen schien, zeigte „der Bax“ wieder einmal, dass in seinem Leistungs-Portfolio auch der Begriff „Scharfschütze“ zu Recht platziert ist: Gut 20 Meter Distanz lagen zwischen ihm und dem Tor der Chemnitzer, doch als ihm der Ball zurückgespielt wurde, gab es kein Zaudern und kein Zögern. So entschlossen wie beim „Ex und hopp“ am Stammtisch sauste der Spannstoß von „Bax“ per Aufsetzer hart und flach links unten ins Netz. Mit diesem 2:1 war der Wille zum Widerstand beim Gegner gebrochen.
Wer der Besessenheit für das Laufen auf den Grund gehen will, muss wohl auf die Wurzeln des Bentley Baxter Bahn blicken: Aufgewachsen an den Ufern der Elbmündung vor den Toren Hamburgs, immer windig, weder Bus noch Bahn, immer zu Fuß, oft spät dran, also hieß es schon damals: Laufen, laufen, laufen.
Von Otto Addo geprägt
Was einen Menschen als Kind konditionieren kann, bleibt für das ganze Leben. Und als er als 15-Jähriger in die Ausbildung zum großen HSV wechselte, geriet er in die Hände von Otto Addo. Auch der liebte es, sich läuferisch auszutoben, und so mochte er diesen Schlacks mit dem Blondschopf so sehr, dass er ihn in ein Aktionsfeld nach Maß steuerte.
Doch weil der Weg in den Bundesligakader seinerzeit allenfalls ein Nadelöhr war, das nur ganz wenige Fußball-Azubis des HSV durchdringen konnten, weil auch beim Nachbarn FC St. Pauli die Regionalliga zumeist sein sportliches Aktionsfeld blieb und weil er bei den Stuttgarter Kickers und beim FSV Frankfurt die 3. Liga als Absteiger verlassen musste, ist die Karriere des Fußballspielers mit den drei großen „B“ im Namen erst jetzt in Halle so richtig gekommen.
Ebenso wie Sebastian Mai, den wir an dieser Stelle kürzlich ebenfalls würdigten, hat Bahn, in drei Wochen 27 Jahre alt, in Torsten Ziegner einen Chef gefunden, der seinen Spielern keine Fesseln anlegt, sondern Freiheiten schenkt, um so zu spielen wie es der Moment verlangt. Zunächst im sächsischen Zwickau und dann – quasi im Schlepptau des Trainers – seit einem Jahr im sachsen-anhaltischen Halle.
Auf Erklärungen mit dieser Plausibilität trifft jedoch niemand, der nach etwas sucht, was auf die Originalität seines Namens schließen ließe. Es existiert kein Bezug zu Hollywood, nicht zur Rapperszene und nicht einmal zur Branche der Nobelkarosserien. Allein dies ist bekannt: Seine Frau Mutter, die als Zahntechnikerin arbeitet, erfand diese pfiffige Alliteration einfach nur deshalb, um ihren Sohn eben mal ganz anders zu nennen, als dies damals üblich war. Nun, dem „Bax“ gefällt’s. Und uns auch.
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